georgische Literatur.

georgische Literatur.
geọrgische Literatur.
 
Die georgische Literatur beginnt mit der Bibelübersetzung (aus dem Armenischen) im 5. Jahrhundert. Das Schrifttum war ursprünglich ausschließlich geistlich ausgerichtet. Verschiedene im Original verlorene Werke von Kirchenvätern sind in georgischer Übersetzung erhalten geblieben. Unter den Übersetzern ragen Euthymios (* um 960, ✝ 1028) und Georgios Hagiorites (* 1009, ✝ 1066) hervor, die im Iberischen Kloster auf dem Berg Athos wirkten, ferner Ephrem Mtsire (* 1027, ✝ um 1100). Ioane Petritzi (✝ um 1125) vermittelte den Georgiern die neuplatonische Philosophie. Zu den Denkmälern der hagiographischen Originalliteratur gehören u. a. das »Martyrium der heiligen Schuschanik« (5. Jahrhundert) und das »Martyrium des heiligen Abo von Tiflis« (8. Jahrhundert) sowie die »Vita des heiligen Gregor von Chandstha« (10. Jahrhundert). Im 11. Jahrhundert verfasste Leonti Mroweli eine Geschichte Georgiens mit gelehrten und fantastischen Zügen, auf deren Grundlage im 18. Jahrhundert die Sammlung »Kartlis chowreba« (»Das Leben Georgiens«) zusammengestellt wurde.
 
Mit dem politischen Aufschwung Georgiens im 12. Jahrhundert war das Aufblühen einer ritterlichen Kultur verbunden, die eine stark an persischen Vorbildern orientierte höfische Dichtung hervorbrachte und in dem Epos des Schota Rustaweli »Der Mann im Tigerfell« (um 1200) gipfelte. In Prosa verfasst wurden die Ritterromane »Amiran Daredschaniani« des Moses Choneli (12. Jahrhundert) und das »Wisramiani« des Sargis Tmogweli (12. Jahrhundert).
 
Durch die Könige Theimuras I. (* 1589, ✝ 1663) und Artschil II. (* 1647, ✝ 1713) sowie Wachtang VI. (* 1675, ✝ 1737), die auch selbst als Dichter auftraten, wurde die georgische Literatur seit dem 16. Jahrhundert neu belebt. S. S. Orbeliani verfasste ein georgisches Wörterbuch und die Fabel-, Märchen- und Anekdotensammlung »Weisheit der Lüge«. Eine vollständige Bibelausgabe erschien 1743.
 
Im 19. Jahrhundert begann, beeinflusst von russischer und westeuropäischer Literatur, eine neue Periode der georgischen Literatur. Der Romantiker N. Barataschwili verfasste nach dem Vorbild G. Byrons und N. Lermontows melancholisch-pessimistischer Gedichte und historischer Epen. Giorgi Eristawi (* 1811, ✝ 1864) vollzog die Abkehr von der Romantik zum Realismus und schuf das georgische Drama. In der von ihm herausgegebenen Zeitschrift »Tsiskari« kamen Vertreter der liberalen Ideen der 1860er-Jahre zu Wort. Daniel Tschonkadse (* 1830, ✝ 1860) schrieb seine Erzählung »Die Burg von Surami« (1859) als Protest gegen die Leibeigenschaft. Für die Verwirklichung sozialreformerischen Ideen nach russischem Vorbild setzten sich Ilja Tschawtschawadse (* 1837, ✝ 1907) und der Lyriker Akaki Zereteli (*1840, ✝ 1915) ein. Zum Begründer einer eigenständigen georgischen Heimatdichtung wurde Aleksandr Kasbegi (* 1848, ✝ 1893). Gleich ihm schilderte Wascha Pschawela (* 1861, ✝ 1915) in realistischem Stil das Leben georgischer Bergbewohner (so genannte georgische »Bergschule«). Dem Realismus gehören u. a. auch Dawid Kldiaschwili (* 1862, ✝ 1931), Egnate Ninoschwili (* 1859, ✝ 1884) und Nikolos Lordkipanidse (* 1880, ✝ 1944) an. G. Robakidse gestaltete in seinem Werk (darunter der Roman »Das Schlangenhemd«, 1924; deutsch) orientalische Motive und Stoffe aus der mythischen Vorzeit Georgiens. Anfang des 20. Jahrhunderts hatte der literarische Symbolismus Eingang in die georgische Literatur gefunden, von dem die in der Gruppe der »Blauen Trinkhörner« zusammengeschlossenen Schriftsteller Tizian Tabidse (* 1895, ✝ 1937), Walerian Gaprindaschwili (* 1889, ✝ 1941), Paolo Jaschwili (* 1895, ✝ 1937), Raschden Gwetadse (* 1897, ✝ 1952) und Georgi Leonidse (* 1899, ✝ 1966) geprägt sind. Themen der neueren und der zeitgenössischen georgischen Literatur sind v. a. der Bürgerkrieg und der Zweite Weltkrieg und die daraus resultierenden Erfahrungen sozialen Umbruchs (die auch im Bereich des dörflichen Lebens aufgezeigt werden) sowie der Aufbau einer neuen, sozialistischen Gesellschaft; daneben steht die Retrospektive, v. a. im historischen Roman und Drama, und die Betonung eigenständiger georgischen Traditionen. Wichtige Vertreter neuerer georgischer Literatur sind auf dem Gebiet des Romans Michail Dschawachischwili (* 1880, ✝ 1937), Leo Kiatscheli (* 1884, ✝ 1963), K. Gamsachurdia, Demna Schengelaja (* 1896), Akaki Beliaschwili (* 1903, ✝ 1961), Konstantin Lordkipanidse (* 1905), Artschil Sulakauri (* 1927), Nodar Dumbadse (* 1928, ✝ 1984), in der Lyrik Josip Grischaschwili (* 1889, ✝ 1965), Galaktion Tabidse (* 1892, ✝ 1959), Simon Tschikowani (* 1903, ✝ 1966), Irakli Abaschidse (* 1909), Iosip Noneschwili (* 1918), Anna Kalandadse (* 1924) und Muchran Matschawariani (* 1929), im Drama Polikarp Kakabadse (* 1895, ✝ 1972).
 
 
J. Karst: Littérature géorgienne chrétienne (Paris 1934);
 A. G. Baramidze u. a.: Istorija gruzinskoj literatury (Neuausg. Tiflis 1958);
 G. Deeters: Die g. L., in: Hb. der Orientalistik, hg. v. B. Spuler, I. Abt., Bd. 7 (Leiden 1963);
 A. G. Baramidze u. D. M. Gamezardaschwili: Georgian literature (a. d. Russ., Tiflis 1968);
 
Georg. Poesie aus acht Jh., hg. v. A. Endler (u. a. 21974);
 
Georg. Erzähler der neueren Zeit, dt. Übers. v. R. Neukomm (Zürich 21984);
 S. Chotiwari -Jünger: Die Entwicklung des georg. histor. Romans (1993);
 H. Fähnrich: G. L. (1993);
 H. Fähnrich: Georgische Schriftsteller A-Z (1993).

Universal-Lexikon. 2012.

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